Polnisches Skandalspiel führt zu Entsetzen
Besitzt HATRED etwa doch irgendwo Ironie? Oder ist es schlichtweg Provokation?
Wie schreibt man über ein Spiel, ohne dafür zu werben?
Wird es gelobt, schauen es sich die Leser an.
Warnt man davor, ist es interessant.
Selbst wenn man es verreißt, gibt es eine
Gruppe von Leuten die sich sagen:
„Ist es wirklich so schlecht? Kann nicht sein,
muss ich sehen.“ oder „Das ist so schlecht, das
ich es sehen muss.“
Wie man es dreht und wendet, irgendeine Interessengruppe
findet man immer, die sich angesprochen fühlt.
Sobald man beginnt, über ein Spiel zu schreiben oder zu
reden, gibt es Interessenten. Die beste Möglichkeit scheint
simple Ignoranz zu sein. Aber selbst das kann das Spiel zu
einem Underdog machen.
Man kann schon fast sagen, das es letztendlich egal ist,
ob man über ein Spiel redet oder nicht. Geworben wird dafür
auf seine ganz eigene Weise. Alleine mit der Werbung die
der Hersteller selbst betreibt.
Worum geht es überhaupt?
Die Rede ist von Hatred. Das Skandalspiel der polnischen
Firma Destructive Creations ist am 01.06.2015 erschienen.
Sicherlich haben sie mit diesem Spiel ihrem Namen alle Ehre gemacht.
In Hatred spielt man einen Amokläufer, der vom Hass auf die
gesamte Menschheit zerfressen ist und nur noch eines im Sinn hat:
Töten
Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei im Polizisten handelt
oder um Passanten, die zufällig seinen Weg kreuzen.
Das Spiel hat sonst keine Story und es geht tatsächlich nur darum
wahllos Leute umzubringen. Es gibt keinerlei Ironie, Sarkasmus
oder ähnliche Dinge, die eventuell begründen könnten, warum man
in ISO-Perspektive läuft und um sich schießt. Das Spiel selbst
ist in Graustufen gehalten. Lediglich Explosionen und Blut sind
farbig dargestellt, um den Kontrast noch deutlicher hervor zu heben.
Bei Hatred handelt es sich um einen gnadenlosen TwinStick-Shooter,
der, laut Entwickler, auf das nötigste reduziert wurde. Keine Story,
nur schießen und töten. Das geschieht teilweise auch auf recht brutale Weise.
Das Schockierende ist dabei die Skrupellosigkeit und die simple Begründung
mit Hass auf die Welt und die Menschen. Mehr erfährt man vom Protagonisten nicht.
Es steckt also primär keine Message dahinter, die Destructive Creations vermitteln möchte.
Genau das macht das Spiel zu dem was es ist: Ein Amoklauf-Simulator.
Ich möchte weder die Entwickler in Schutz nehmen, noch sonst ähnliches verschönen
oder positiv darstellen.
Allerdings sind mir folgende Dinge aufgefallen:
Der Protagonist im Spiel sieht aus, wie der typische Heavy Metal – Fan oder Sonstiges
in dieser Richtung. Somit wird hier ein Klischee bedient. Warum müssen Amokläufer immer
lange schwarze Haare haben und einen langen schwarzen Mantel tragen?
Entweder sind die Haare extrem fettig oder es sind Dread Locks, was aber auch wieder
in ein bestimmtes Klischee passt. (Oder es ist einfach nur schlecht animiert)
Ebenso ist die Szenerie in der USA angesiedelt, was erklärt, warum der Protagonist
wie selbstverständlich einen Schrank gefüllt mit Waffen in seiner Wohnung beherbergt.
Betrachtet man sich einmal das Logo, könnte man fast meinen, das es eine leichte
Parallele zwischen der HATRED-Variante und dem DOOM-Logo gibt.
– Beide Obergrenze bildet eine gerade Linie.
– Die Buchstaben enden jeweils wie scharfe Zähne in Spitzen
– Jeweils die linke Ecke des ersten Buchstabens
und die rechte Ecke des letzten Buchstabens laufen spitz zu
und sind länger als die restlichen Buchstaben
Seinerzeit (1993) war DOOM ebenso ein Skandalspiel.
Im Verhältnis zur damaligen Zeit war der Realismus in diesem Spiel
unglaublich hoch. Dazu kam die First Person Perspektive. Die für
damalige Verhältnisse realistische Grafik, gepaart mit der Brutalität
und der fehlenden Story waren Grund genug id Softwares Shooter zu
indizieren.
Der Eine oder Andere würde jetzt sagen:
„Wieso? Es gab doch eine Story?“
Das ist zwar richtig, aber im Prinzip reduzierte sie sich auf eine
banale Rache-Erzählung. Auch nicht viel mehr als die „Story“ in HATRED.
Beides sorgt seinerzeit für Aufsehen und Entrüstung.
Bei DOOM war der Effekt damals, das es egal war, ob man es legal
kaufen konnte oder nicht. Die Anzahl der Raubkopien war enorm hoch
und das Spiel hatte einen entsprechenden Bekanntheitsgrad.
HATRED hat den großen Nachteil, das es technologisch nichts Neues
bietet. Zwar wird die Unreal-Engine 4 benutzt, aber diese wird
zur ISO-Perspektive mit mittelmäßigen Animationen „degradiert“.
Daher wird der Underdog-Faktor oder der Gheimtipp-Hype wohl ausbleiben.
Übrig bleibt eine schockierende Graustufen-Fassade, von der man
eventuell vermuten kann, das sie versucht durch pikante Themen dem
„großen Vorbild“ DOOM im Bekanntheitsgrad nachzueifern.
Auch wenn HATRED ernst gemeint sein soll, um das Entsetzen über
das Spiel zu steigern, frage ich mich, warum Destructive Creations
einen Verkaufspreis von 16,66€ in Europa angesetzt haben. Noch mehr
Klischee als 666 in den Preis einzubauen, ist ja fast schon nicht
mehr möglich.
Zusätzlich dazu steht auf der Homepage der Entwickler der Satz:
„…just don’t try this at home and don’t take it too seriously, it’s just a game. :)“
und das zusätzlich zu dem Statement, dass sie „against trends“ etwas schaffen wollen.
Ich bin mir nicht sicher, ob da nicht doch irgendwo ein wenig
Ironie versteckt ist, auch wenn es nicht das Spiel direkt betrifft.
Das macht das Ganze allerdings weder besser noch cooler.
Oder bleibt es letzendlich bei einer reinen Provokation, bei der
Destructive Creations ihrem Name alle Ehre machen?
Wie steht ihr dazu? Was ist eure Meinung?
Sind meine Auffälligkeiten und Thesen an den Haaren herbei gezogen?
Mich würde eure Meinung sehr interessieren.